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Zeitensprung in einen Jugendsommer – ein Kurzroman nicht nur für Erwachsene
Wie eine zufällige Begegnung eines 15-Jährigen mit einem alternden Schauspieler zu einer wunderbaren berührenden Geschichte wird. Was wohl die Krähen damit zu tun haben?
Ist es eigentlich als antizyklisch zu verstehen, wenn in Zeiten boomender Science-Fiction-Literatur eine Geschichte aus der Vergangenheit interessieren soll? Zudem noch eine Erzählung, die sich auf einen 15Jährigen vor 50 Jahren und dessen mieses Umfeld einlässt? Nun, ob gegen den Mainstream oder mit diesem: In der Literatur zählt nur das Lesevergnügen. Und eben dieses schert sich so gar nicht um angesagte Trends. Wenn die besagte Freude am Leseerlebnis auch noch tiefemotionale Rührungen auslöst, dann hat man es vielleicht sogar mit einem Werk zu tun, welches mehr darstellt als nur eine Story.
Frühlingsduft und Sommerwind, die Luft schmeckt nach dem Salzwasser der nahen Ostseeförde. Der Blick des Autors geht zurück in den Beginn der 70er Jahre. Nur für einen einzigen kurzen Sommer. Das Geschehen des Romans „Der Sommer mit dem Krähenmann“ von Stefan G. Rohr, welches nach Aussage des Autors auf einer wahren Begebenheit beruht, ereignet sich in nur wenigen Monaten, vom Frühjahr bis Herbst des Jahres 1971. Zu vermuten ist es, dass es sich weitgehend um eine Autobiographie handelt, was Rohr allerdings in Gänze unbeantwortet lässt. Der Spielort ist Flensburg, die Fördestadt im Norden Schleswig-Holsteins, das Tor zu Skandinavien, ganz überraschend auch der Geburtsort des Verfassers. Im Mittelpunkt steht die Begegnung eines Fünfzehnjährigen mit einem alten Schauspieler, aus der sich spontan eine wunderbare und wertvolle Verbindung für beide ergibt. Der Autor nimmt seine Leserschaft mit, dieses auf einen ganz eigentümlichen Weg, welcher die Sicht und Empfindungen eines Heranwachsenden in einem hochbelasteten Familienumfeld erkennen und nachempfinden lässt. Gewalt und psychische Belastungen im vaterlosen Elternhaus auf der einen Seite, auf der anderen Fürsorge und Förderung durch den alternden Künstler, der schnell erkennt, dass dieser Junge, dem er nur durch Zufall begegnet, kaum Zukunftschancen haben würde. Stefan G. Rohr erzählt ein enorm emotionales Geschehen, eine Geschichte voller Zwischentöne und Schattierungen, berührend, herzzerreißend und unvergesslich, doch immer wieder auch mit sanftem Humor und peppigen Dialogpassagen aufgelockert. Dabei ganz unterschiedlich in den Perspektiven der Personen und deren Hintergründe. Der Autor schafft es in einer wunderbaren Erzählform, welche zum einen die Tonierung eines Fünfzehnjährigen, dann aber auch die Dialoge Erwachsener gekonnt verknüpft wiedergibt, die Leserschaft in ihre Jugendzeit zurückzuverfrachten. Jüngeren wird durchaus etwas aus den Jahren vermittelt, welche die Jugend der eigenen Eltern waren. Am Ende aber, unabhängig der eigenen Erinnerungen, ist diese Geschichte von einer so großen Emotionalität, dass es ganz und gar nicht leichtfällt, das Buch nach dem Schlusssatz trockenen Auges zu schließen.
_Der Sommer mit dem Krähenmann – Roman/Novelle von Stefan G. Rohr; _ISBN 978-3-7485-5413-4 (_8,99 EUR, 185 Seiten; auch als eBook). https://www.belletristik.online/der-sommer-mit-dem-kraehenmann_
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